Falsche Versprechen, versteckte Barrieren und patriarchale Strukturen – die Unternehmerin Frederike Probert kennt alle Karrierekiller, die Frauen auf ihrem Weg nach oben begegnen. Sie weiß ebenfalls, wie man diese aktiv beseitigen kann und kämpft dafür, dass Frauen in Führungspositionen zur Normalität werden. Kenntnisreich und vor dem Hintergrund ihrer eigenen Laufbahn entwickelt Frederike Probert in ihrem Sachbuch „MISSION FEMALE“ einen praktischen Leitfaden für unterschiedliche Karrierephasen, der gleichermaßen Frauen und Unternehmen an allen beruflichen Wendepunkten als Wegweiser dient. Wir haben uns im DK Talk mit der Unternehmerin zu ihrer Motivation und der Corona-Lage unterhalten.
Wie ist die Idee zu Deinem Buch entstanden und welche Beweggründe hat es gebraucht, um das Buch letztendlich umzusetzen?
Während meiner 15 Jahre in den verschiedensten Unternehmen dachte ich mir immer wieder: Das kann doch jetzt nicht wahr sein! Um nur ein Beispiel zu nennen: Während eines Praktikums sind meine männlichen Pendants mit den Chefs Whiskey trinken gegangen. Ich dagegen wurde dazu verdonnert, brav nebenan die Ablage zu machen. Egal auf welcher Hierarchieebene ich gearbeitet habe, Fallstricke wie diese sind mir immer wieder begegnet. Vor dem Hintergrund meiner eigenen Laufbahn gebe ich Frauen aller Karrierestufen konkrete Strategien an die Hand, mit denen sie solche Hindernisse erfolgreich überwinden. Zusätzlich appelliere ich an die Unternehmensspitze und entwickle klare Handlungsanweisungen für die Chefetage – schließlich ist der Einfluss der Frauen begrenzt, wenn die Entscheidungsträger nicht mitziehen. Mein Buch ist in die drei wichtigsten Phasen einer Berufslaufbahn unterteilt: Einstieg, Mittelstand und Topmanagement. Zu jeder Station lasse ich erfolgreiche Führungsfrauen aus meinem Netzwerk zu Wort kommen, die meine Tipps mit ihren eigenen Erfahrungen ergänzen.
Außerdem hast Du das Karrierenetzwerk „Mission Female“ gegründet. Magst Du uns dazu etwas erzählen?
Mein Ziel ist es, Frauen aktiv darin zu unterstützen, es ganz nach oben zu schaffen und auf dem Weg dorthin nicht aufzugeben. Vor knapp zwei Jahren habe ich deshalb das Karrierenetzwerk MISSION FEMALE gegründet, in dem sich Führungsfrauen untereinander aktiv unterstützen und weiblichen Nachwuchs fördern. Statt seichten Kaffee-Klatsch gibt es bei uns konkreten Business-Talk: Wer kann wen wie unterstützen? Als Top-Managerinnen müssen wir in der männlich dominierten Arbeitswelt für jeden Erfolg einen Hürdenlauf gewinnen. Statt Einzelkampf kann das Motto deshalb nur lauten: #strongertogether. Mission Female vereint erfolgreiche Frauen auf höchster Ebene, aus unterschiedlichen Branchen, mit einem Ziel: noch weiter voran zu kommen. Neben hochkarätigen Events wie der X-CHANGE Konferenz am 19.11.2020 organisieren wir für unsere Mitglieder Workshops, Offsites, Dinners und Working Labs – und garantieren so einen intensiven Austausch auf Augenhöhe.
Was können wir denn tagtäglich tun, um die Chancengleichheit zu verbessern?
Aufmerksam bleiben, Fragen stellen und Ungerechtigkeiten anprangern: Warum sitzt auf diesem Panel keine Frau? Wie kann es sein, dass Ihre Unternehmensspitze ausschließlich aus mittelalten Männern besteht? Führungspersonen sollten dafür sorgen, dass weiblicher Nachwuchs aufgebaut, befördert und unterstützt wird (Link zum August-Artikel?) – eine Mitgliedschaft in einem Karrierenetzwerk wie Mission Female ist dabei nur eine Maßnahme von vielen. Wir müssen Frauen mehr Sichtbarkeit verschaffen, indem wir sie zitieren, beauftragen, empfehlen, sie sprechen lassen und ihnen prestigeträchtige Projekte zuteilen. Gesamtgesellschaftlich ist es an der Zeit, dass wir unsere Stereotype ablegen. Es muss für Väter selbstverständlich werden, sich mindestens zur Hälfte um ihren Nachwuchs und den Haushalt zu kümmern. Leider ist ein Kind für Frauen noch immer der Karrierekiller Nummer eins. Wer mehr Chancengleichheit möchte, sollte außerdem den Mund aufmachen, wenn jemand einen sexistischen Spruch bringt – auch, wenn die Person „nur einen Witz“ machen wollte.
Ein kleiner Corona-Exkurs: Wie geht es Dir in der aktuellen Situation?
Ich vermisse die Mission-Female-Events, die wir aufgrund der Pandemie absagen mussten. Zwar haben wir uns weiterhin digital ausgetauscht, aber ein Gespräch von Angesicht zu Angesicht lässt sich schwer ersetzen. Umso mehr freue ich mich auf unsere X-CHANGE Sunnit am 19.11. in Hamburg – dort können sich die Mission Female Mitglieder endlich wieder persönlich begegnen und in Krisenzeiten gegenseitig stärken. Gemeinsam mit hochkarätigen Vertreter*innen aus Politik, Wirtschaft und Medien arbeiten wir daran, dass Frauen in Führung endlich zur Normalität werden. Um dieses Ziel zu erreichen sind gute, persönliche Beziehungen untereinander unentbehrlich.
Hast Du neue Lösungsansätze/Ideen aufgrund der aktuellen Lage entwickelt? Wenn ja, welche?
Klar ist, dass sich Unternehmenskulturen von innen heraus verändern müssen – ein paar Vorzeigefrauen im Top-Management reichen nicht mehr. Julia Jäkel (Verlagschefin von Gruner+Jahr) hat es in einem Gastbeitrag für die ZEIT auf den Punkt gebracht: Corona zeigt, was für einen weiten Weg wir Frauen noch vor uns haben. In Krisenzeiten wird Karriere gemacht. Doch statt davon zu profitieren schultern Frauen die unbezahlte Care-Arbeit und halten damit unsere Gesellschaft am Laufen. Wir brauchen keine leeren Lippenbekenntnisse und Applaus auf dem Balkon, sondern konkrete Maßnahmen: Diversity-bezogene Jahresziele für Führungskräfte, deren Nicht-Einhaltung streng sanktioniert wird, beispielsweise. Das wäre ein guter Anfang.
Was hast Du auch nach der akuten Krise weiter beibehalten? Welche Learnings hast Du gezogen?
Die Krise hat mir gezeigt, dass starke Netzwerke wichtiger sind denn je. Nur wenn wir uns branchenübergreifend austauschen und gegenseitig befähigen, können wir erfolgreich sein. Ich freue mich zu sehen, dass so viele begabte Frauen in sich selbst investieren und den männlichen Seilschaften etwas entgegensetzen. Auch ich werde mit Mission Female weiterhin jeden Tag dafür kämpfen, Frauen auf ihrem Weg nach oben zu bestärken.
Zum Abschluss: Deine Message an die DK Community!
Die Stunde der Frauen hat geschlagen! Gerade jetzt ist ein hervorragender Zeitpunkt, um richtig durchzustarten: Immer mehr Chefs der älteren Generation gehen in absehbarer Zeit in Rente und von den Jungen, die nachkommen, haben nur noch 13% Lust auf eine Führungsposition. Die Generation Golfplatz geht, jetzt sind wir dran!